Costa Rica
Es müsste so um 2004 sein, als mich die Bildredaktion der MAX entdeckte. Angetan von meinen Sport-Fotos schickten sie mich erst nach St. Peter-Ording zur Kite-WM, aber das ist eine andere Geschichte. Hier soll es erst mal nach Costa Rica gehen. Dahin nämlich hatte mich die MAX kurz nach der Kite-WM geschickt, um einen Internet-Milliardär zu fotografieren. Das klang schon mal nicht so übel.
Ich sah mich bereits im Monatsrhythmus um die Welt fliegen und hielt vorsichtshalber an den Flughäfen schon mal nach den Eingängen zu den Lufthansa-Lounges Ausschau…
Doch da ging die MAX noch während des dritten Ausflugs nach Ostdeutschland pleite, so dass ich in diesem Rahmen nur die Costa-Rica-Geschichte zu erzählen weiß.
Also: Zusammen mit Stefan Krücken, seines Zeichens begnadeter Reporter, der inzwischen auch sensationelle Kapitänsgeschichten in Buchform heraus bringt, ging es für fünf Tage nach Costa Rica. Der Auftrag: einen Selfmade-Internet-Milliardär, damals Platz 27 der Forbes-Geldrangliste, auf seinem Anwesen in Costa Rica zu besuchen und sein Leben portraitieren. Calvin Ayres hieß der Mann und betrieb damals ein Online-Casino namens „BODOG“, das in den USA wohl ziemlich bekannt war. Jedenfalls ist er damit sehr reich geworden.
Während des Hinflugs malte ich mir fabelhaft die Welt der Schönen und Reichen aus. Wir erwarteten mindestens 20 mit Maschinenpistolen bewaffnete Bodyguards, die die Auffahrt zum majestätischen Anwesen auf einer Anhöre der mittelamerikanischen Berglandschaft bewachen. Schließlich war im Vorfeld ausschliesslich von „Anwesen“ die Rede. Und vom „Hugh Hefner des Internets“.
Allerdings hätte uns die Flugbuchung, die wohl das Online-Casino übernommen hatte, schon aufhorchen lassen sollen. Stefan und ich sind beide recht groß gewachsen. Die Maschinen von Continental Airlines jedenfalls, die uns über Newark, wo wir einen neunstündigen Aufenthalt zu verbringen hatten, nach Costa Rica bringen sollten, baten wenige Platz für unsere Beine. Dazu sahen die Stewardessen aus wie Nancy Reagan. Das nicht vorhandene Entertainment-System möchte ich nicht weiter erwähnen.
Gerädert landeten wir schließlich in Costa Rica. Die Spannung aber, wer uns wohl wie abholen würde, hatten wir uns bewahrt. Von Stretchlimos bis Heli war in meinem Kopf alles möglich.
Tatsächlich stand dann ein älterer Mann, Mitte 50, mit selbstgemaltem Schild am Ausgang und bat uns – immerhin – in einen Escalade. Während der Fahrt erzählte uns der kanadische Ex-Militär einige Schoten aus seiner Zeit bei Black Water im Irak. Über seine Tätigkeit als Sicherheitschef von Calvin Ayres durfte er wohl keine Auskunft geben.
Er brachte uns erst mal ins Hotel, damit wir etwas ausspannen konnten. Am nächsten Abend wollte er uns zum gemeinsamen Kennenlern-Dinner wieder abholen. Mehrmals betonte er, dass Costa Rica der gefährlichste Ort der Welt sei und dass wir in keinem Fall ohne ihn das Hotel verlassen sollten. Leider hatte der Mann tagsüber keine Zeit für uns, so dass wir in aller Ruhe unsere Mittelklasse-Hotelzimmer genießen konnten.
Am Abend dann war der große Moment endlich gekommen. Wir durften den Star kennenlernen. Der Sicherheitsmann stand mit seinem Escalade vorm Hotel, dieses Mal im schwarzen Anzug und sich deutlich abzeichnender Pistole im Halfter. „Na also, geht doch“, dachte ich mir und sprang in den Wagen.
Fortsetzung folgt.